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Bayerns Meisterwerke. Eine Gesprächsreihe auf Bayern 2.

Marianne von Werefkins „Wäscherinnen“ im Lenbachhaus München

„Marianne spielt mit den Farben Rußlands malen:
Grün, Hellgrün, Rosa, Weiß,
Und namentlich der Kobaltblau
Sind ihre treuen Spielgefährten.“


Mit diesen Zeilen beginnt Else Lasker-Schüler ihr Gedicht über die Malerfreundin Marianne von Werefkin. In kongenialer Weise beschreibt die Poetin die der Malerin so eigene und einzigartige Farbbehandlung. Selbst im expressiven Kreis der Münchner Künstlerkollegen nahm Werefkin damit eine Sonderrolle ein. Betonte Franz Marc doch später stets, dass er erst durch die russische Freundin erkannt habe, was Farbe eigentlich sei. Als der spätere blaue Reiter darum rang „aus der Beliebigkeit der Farbe herauszukommen“, erinnerte er sich eines Gesprächs mit Werefkin, die befunden hatte, dass „fast alle Deutschen den Fehler begehen, das Licht für Farbe zu nehmen, während die Farbe etwas ganz anderes ist und mit Licht, d.h. Beleuchtung, überhaupt nichts zu tun hat.“


Dieses Eigenleben, welches die Künstlerin ihrem Kolorit zugesteht, lässt sich auch in dem beeindruckenden Gemälde der „Wäscherinnen“ aus dem Jahr 1909 erkunden, das heute im Lenbachhaus ausgestellt ist. Die sich in grobe Flächigkeit auflösende Perspektive des Raumes wird durch Farbe wieder zusammengefasst und von schwarzen Umrisslinien strukturiert. Rigoros widerspricht Werefkin tradierten malerischen Regeln und setzt die Farbe Blau dominierend an den Bildvordergrund. Eine Farbe, die über Jahrhunderte hinweg in der Malerei für Ferne stand, wird bei ihr ins nahbar Blick heischende Gegenteil verkehrt. Die so auffällig kobaltblauen Waschtröge sind an ein blühendes Blumenbeet gelehnt, um das sich drei Frauen in einem Hof zu ihrer anstrengenden Tätigkeit zusammengefunden haben. Wo andere Expressionisten jener Zeit noch einen gewissen Ästhetizismus pflegen, schont Werefkin das Publikum nicht. Während die Figur am linken Bildrand nur in Rückansicht zu sehen ist, wird der Betrachter an der nebenstehenden Frau gewahr, was dieses entbehrungsreiche Leben mit den Menschen macht, welche Spuren es in Gestalt und Physiognomie hinterlässt. Ein kleines verhärmtes, müdes Gesicht wird unter dem festgeknoteten Tuch sichtbar. Der Kopf ist nah an den Körper gezogen. Der Wirkungskreis dieser Frau ist ein schwerer und kleiner. Redundant in ihrem monotonen Tun, erscheinen die Frauen nicht als miteinander kommunizierende Individuen, sondern lediglich als Ausführende der immer gleichen Arbeitsschritte. Werefkin findet dafür eine so einfache wie eindrückliche Sprache. Für die bunten Blumen hat dabei keine der Wäscherinnen einen Blick übrig. Nur das kleine Mädchen am rechten Bildrand scheint die Farbpracht wahrzunehmen. Aber bald wird auch sie in den Arbeitskreislauf des Wäschewaschens einbezogen sein. So steht sie zwar auf einer Schwelle nach draußen, diese führt jedoch lediglich von der Häuslichkeit direkt in den eng ummauerten Innenhof.
 

1909 wurde das Bild zum ersten Mal in der Galerie Thannhauser gezeigt und vom damaligen Publikum völlig missverstanden. Froh durfte man sein, wenn die Beschimpfungen der Bilder tatsächlich nur verbaler Art waren. Die moderne Synthese aus vielerlei Einflüssen, eigenen Erkenntnissen und Erfahrungen, die Werefkins Bildern zu eigen ist, war der damaligen Zeit weit voraus und stieß deshalb auf so großes Unverständnis.


In äußerst wohlhabenden Verhältnissen aufgewachsen, wurde Marianne von Werefkins Talent schon früh erkannt und gefördert. Ihr Lehrer Ilja Repin nannte sie seine begabteste Schülerin. Als russischer Rembrandt wurde sie bereits in ihren Anfangsjahren berühmt, in denen sie einem versierten Realismus verpflichtet war. Der Umzug nach Deutschland, ihre immerwährende Liebe zur russischen Volkskunst, eine selbst gewählte 10-jährige Malpause, Reisen nach Frankreich, das Studieren der dortigen Avantgarde, die mit malerischen Traditionen kurzen Prozess gemacht hatte, all das sog Werefkin in sich auf.  Sie formte daraus einen hochindividuellen, stets auch theoretisch reflektierten Stil, dem neben aller Formmodernität nie eine empathische, respektvolle Menschlichkeit fehlt.


Es wird Zeit diese große Malerin nicht immer nur aus dem verkürzenden Blickwinkel ihres so hoch komplizierten Verhältnisses zu Jawlensky zu betrachten. Denn es gilt eine der faszinierendsten und eigenständigen Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts zu entdecken.

Bayerns Meisterwerke. Eine Gesprächsreihe auf Bayern 2.
Sendetermin 7. Oktober 14:05 Uhr / 20:05 Uhr KulturLeben

www.lenbachhaus.de

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