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Gedanken zur Art Week in Berlin
Wer der lockenden Versuchung der häufig sehr geschickt platzierten Museumsshops nicht widerstehen kann, um zumindest eine Postkarte als bleibende Erinnerung an den meist nur kurzen Kunstgenuss zu erwerben, bekommt diese seit einigen Jahren fast immer in ein Tütchen mit der gleichen Aufschrift gesteckt: Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. Der kluge Karl Valentin hat diesen humorig ernsten Ausspruch getan. Nahezu vier Tag lang stimme ich ihm ununterbrochen zu. Vielleicht erscheint mir die Art Week in Berlin auch deshalb so herausfordernd, da sie dieses Jahr für mich ein radikales Kontrastprogramm darstellt. Zwei Tage zuvor saß ich noch auf den felsigen Klippen ...
Gedanken zur Ausstellung „Herausragend! Das Relief von Rodin bis Picasso“
Im Städel Museum Frankfurt
Günther Uecker, Gerhard Richter, Hans Arp, Aristide Maillol, Constantin Brancusi, Lucio Fontana
„Figur auf Grund,“ so lautet die einfachste und in vielen Fällen immer noch gültige Definition der bis heute aktuellen Kunstgattung Relief. Sie ist ein Zwitterwesen – weder Malerei, obwohl Rahmen und flächiger Hintergrund zu ihrem Erscheinungsbild gehören, ...
Gedanken zu zwei sommerlichen Tagen in Berlin
Dürer für Berlin, Kupferstichkabinett, Secessionen, Alte Nationalgalerie, Schlosspark Wörlitz, Albrecht Dürer, Gustav Klimt, Franz von Stuck, Max Liebermann, Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau
„Aber was die Schönheit ist, das weiß i nit.“ Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, war Albrecht Dürer jahrelang auf der Suche nach ihr gewesen. Sein ernsthaftes und intensives Bemühen um die tiefgreifende, nicht nur äußerlich wahrnehmbare Schönheit ...
Gedanken zu einem Besuch der Schack-Galerie München
Franz von Lenbach, Moritz von Schwind, Carl Spitzweg, Anselm Feuerbach, Arnold Böcklin
„Allein durch das Sehen von Bildern erwachte in mir die Neigung zu näherer und wiederholter Betrachtung derselben, das Streben zu tieferem Eindringen in die Geheimnisse der Kunst, und ich würde den Genuß wie die Belehrung, die ich aus dieser Beschäftigung geschöpft, für Nichts hingeben.“ (Graf Schack 1888)
München leuchtet heute nicht, es strahlt. Nach endlos scheinenden Tagen und Wochen grauen Dauerregens, gibt sich ...
Gedanken zu einer Reise nach England erster Teil – London
Tate Gallery of Modern Art, Wallace Collection, National Portrait Gallery, National Gallery, Dulwich Picture Gallery
Mein Besuch in England beginnt skurril. Der Taxifahrer weigert sich ins Zentrum zu fahren und lässt mich an einer vielbefahrenen Straße einfach aussteigen. Trotz ungenauer, da nicht Festland kompatibler Entfernungsangaben, entschließe ich mich, zu Fuß durch den Regen zu gehen, um in London anzukommen. Es ist mit Städten wie mit Menschen ...
Gedanken zu einer Reise nach England zweiter Teil – Cornwall
Wells, Buckland Abbey, Cotehele House, The Lost Gardens of Heligan, Lanhydrock House, St. Ives
Die Temperaturanzeige sinkt mit jedem Kilometer, den wir gen Westen fahren, bis der vorläufige Tiefpunkt erreicht ist. 13 Grad (im Juli) sind es als wir bei strömendem Regen einen Zwischenhalt in Wells einlegen. Es müsste jedoch schon ein Vulkan ausbrechen, dass wir uns diesen Ort entgehen ließen. Denn hier steht eines der erstaunlichsten Bauwerke der mittelalterlichen Architektur. Die Kathedrale von Wells ...
Gedanken zu Rubens in Antwerpen
Liebfrauenkirche (Onze-Lieve-Vrouwekathedraal), Königliches Museum der Schönen Künste (Koninklijk Museum voor Schone Kunsten)
„Ich wüsste nicht, was ich an meinem Freund Peter Paul Rubens am meisten loben sollte, seine Gewandtheit in der Malerei, worin er Kennern zufolge die Vollkommenheit erreicht hat – sofern jemand das heutzutage vermag – oder seine umfassende Kenntnis der Literatur oder seine feine Einsicht, die mit einer besonders angenehmen Sprachfertigkeit und Konversation einhergeht.“ Der bayerische Theologe Caspar Schoppe schrieb dieses Loblied ...
Gedanken zu einer Pfingstreise nach Antwerpen
ModeMuseum, DIVA, Snijders&Rockoxhuis, Museum Mayer van den Bergh, Groeningemuseum, Liebfrauenkirche Brügge
Man Ray, Pieter Bruegel d.Ä., Jan van Eyck, Michelangelo
Antwerpen sei keine Stadt für Touristen, sondern eine Stadt für Reisende. Mit diesen Worten begrüßt uns der Hotelmitarbeiter. In den nächsten Tagen werden wir vollends zu der Überzeugung kommen ihm zuzustimmen. ...
Gedanken zu einem österlichen Kurzaufenthalt in Berlin
Gemäldegalerie, Neue Nationalgalerie, c/o Berlin, Barberini Museum Potsdam, Schloss Paretz
Hugo van der Goes, Monica Bonvicini, Gerhard Richter, William Eggleston, Claude Monet, Königin Luise
Wär nicht das Auge sonnenhaft, die Sonne könnt es nie erblicken; läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft, wie könnt uns Göttliches entzücken? (Johann Wolfgang von Goethe)
Gedanken zur Ausstellung „Guido Reni. Der Göttliche“
Im Städel Museum Frankfurt
Wer dieser Tage eine Fahrt in die Mainmetropole unternahm, konnte den Eindruck gewinnen, nicht in Frankfurt, sondern in Italien gelandet zu sein. Denn gleich zwei Ausstellungen im Städel entführten die Besucher nach jenseits der Alpen. Im Grafikkabinett konnte man das sehnsuchtsvolle Staunen nachvollziehen, das frühe Fotografen im Süden suchten, fanden und in stillem Schwarz-Weiß festhielten, um es in den Norden an die kulturinteressierten Daheimgebliebenen zu vermitteln. So besonders das Reisen in jener Zeit noch gewesen, so ähnlich waren doch die frühen Motive ...
Gedanken zu einer adventlichen Kurzreise nach Wien
Kunsthistorisches Museum, Idole und Rivalen, Leopold Museum, Wien 1900, Heidi Horten Collection, LOOK
Schon Karl Kraus wusste, dass die Straßen anderer Städte mit Asphalt gepflastert seien, jene in Wien aber mit Kultur. Und so ist der Anlass unseres erneuten Aufenthaltes in der österreichischen Metropole natürlich ein kultureller. Die große Herbstausstellung im Kunsthistorischen Museum lockt mit dem Versprechen ...
Gedanken zu einer Reise nach Venedig
Biennale di Venezia, Fondation Louis Vuitton, Fondazione Prada, Pinault Collection Punta della Dogana, Palazzo Grimani, Palazzo Vendramin Grimani, Santa Maria Gloriosa dei Frari, Galleria del Accademia, Baselitz, Bosco Sodi, Katharina Grosse, Bruce Naumann, Giorgione, Tizian, Bellini
Streng genommen ist die aktuelle, bereits zum 59. Mal stattfindende zeitgenössische Kunstschau in der Lagunenstadt dieses Jahr keine Biennale, da Corona bedingt der Abstand länger war als gewöhnlich.
Gedanken zu einem Aufenthalt in Berlin
Schloss Tegel, Schinkel, Gemäldegalerie, Donatello, Erfinder der Renaissance
„Vielleicht reifte hier eine höchste Frucht jener Erkentniß der Welt und des Menschen, um derentwillen allein schon, die Renaissance von Italien die Führerin unseres Weltalters heißen muss.“ (Jacob Burckhardt)
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„Als sei mit dem Tode seiner Frau in dem Uhrwerk seines Körpers eine Feder gebrochen.“ Kein geringerer als Wilhelm von Humboldt formulierte diesen Satz als seine Frau Caroline ...
Gedanken zu einer kurzen Reise südlich der Alpen
Possagno, Museo Canova
Auch wenn ich meist der Kunst wegen die Alpen überquere, so gibt es doch einen Moment, den kein Künstler ergreifender festzuhalten im Stande wäre. Das sanft über die bewaldeten gewaltigen Berghänge herabstreifende, schwere, fast pudrige Licht entfaltet einen Zauber und eine Ahnung, die mich jedes Mal wieder überwältigen. Diesen staunenswerten Zusammenklang von Irdischem und Himmlischem gibt es ausschließlich in dem schmalen Augenblick der Grenzregion von Nord und Süd zu bestaunen. ...
Gedanken zu einem Ausflug nach München
„Frei leben!“ im Literaturarchiv Monacensia, „Vive le Pastel“ in der Alten Pinakothek, „Nebel Leben“ im Haus der Kunst
Im Juli 2022 leuchtet München nicht nur, es glüht. Im Vergleich zu dem, was die Frauen der Münchner Bohème wagten, um ans ersehnte (Lebens)Ziel zu gelangen, ist eine Fahrt in die Landeshauptstadt bei 38 Grad aber gar nichts. „Ich will und muss einmal frei werden; es liegt nun einmal tief in meiner Natur, dieses maßlose Streben, Sehnen nach Freiheit …
Gedanken zur Ausstellung "Renoir. Rococo Revival"
Im Städel Museum Frankfurt
„Marivaux verbringt sein Leben damit Nichtigkeiten auf Waagen aus Spinnweben zu wiegen.“ Auch wenn dieser hübsche Aphorismus aus der Feder Voltaires über seinen Schriftstellerkollegen vermutlich nicht nur wohlwollend gemeint war, so beschreibt er das Wesen der federleichten Zeit des beginnenden 18. Jahrhundert doch überaus treffend. Nach dem Tode Ludwigs XIV. 1715 ging ein Aufatmen durch die Adelsgesellschaft Frankreichs. In der nachfolgenden Interimszeit der Régence begann sich die unter der Regierungszeit des Sonnenkönigs etablierte strenge, ...
Gedanken zur Ausstellung „Becoming Famous. Peter Paul Rubens“
In der Staatsgalerie Stuttgart
Peter Paul Rubens gilt als der Inbegriff des Barockkünstlers: begabt, berühmt, wohlhabend und vielgereist. Diplomatischer Charme, großartiges Talent und ökonomischer Ehrgeiz gepaart mit dem feinen Gespür für das, was wir Heutigen Zeitgeist nennen würden, zeichneten dieses einzigartige Künstlerleben aus. Entsprechend dieser Kulmination an Superlativen rangiert Rubens auch heute noch ganz oben auf der Rangliste der Künstler, die ...
Bayerns Meisterwerke. Eine Gesprächsreihe auf Bayern 2.
Renée Sintenis‘ „Daphne“ im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg
Heute kennt man zwar ihre Werke, ihr Name hingegen ist nur wenigen Kunstkennern ein Begriff. Dabei war sie vor 100 Jahren eine wahre Berühmtheit: die Künstlerin Renée Sintenis, 1888 als Renate Alice Sintenis in Glatz geboren, kam als Jugendliche nach Berlin und zeigte bereits früh künstlerische Ambitionen. Auf Wunsch der Familie mussten diese jedoch hintanstehen. Ein 1907 begonnenes Studium der Dekorativen Plastik am Kunstgewerbemuseum brach sie im fünften Semester ab, um dem Vater die Sekretärin zu ersetzen...
Gedanken zu einer Reise nach Wien
Albertina, Oberes Belvedere, Kunsthistorisches Museum
»Frauen werden ›donne‹ genannt, weil sie wie ein göttliches Geschenk (dono celeste) sind, ohne das es weder Schönes noch Gutes gäbe.« Moderata Fonte (1555-1592)
Auch wenn dieses charmante Zitat etymologisch nicht ganz korrekt ist, sind auch wir der schönen Frauen wegen nach Wien gereist. Nicht die allerorten präsenten Kaiserinnen Maria Theresia und Sisi sind der Grund unseres österreichischen Aufenthalts, sondern die belle donne Tizians, Modiglianis und Klimts...
Gedanken zu einer Neujahrskurzreise nach Berlin
Neue Nationalgalerie, Schloss Charlottenburg
„Verwechseln Sie bitte nicht das Einfache mit dem Simplen.“ So präzise Mies van der Rohe dieses Zitat formuliert, so klar und deutlich ist auch die Formensprache seiner Neuen Nationalgalerie in Berlin, die nun nach langjähriger, sorgfältiger und aufwändiger Restaurierung wieder besichtigt, besucht und bewundert werden kann. Trotz seiner mittlerweile über 50 Jahre hat das Gebäude nichts von seiner Modernität und schlichten Erhabenheit verloren. Wirken andere Bauten des ausgehenden 20. Jahrhunderts in ihrer bemühten Modernität häufig veraltet, strahlt die Nationalgalerie in ihrer lässigen Monumentalität absolute Zeitlosigkeit aus...
Gedanken zu einer Reise nach Basel
Fondation Beyeler, Kunstmuseum
Weltberühmt ist dieses Bild, das den vorweihnachtlich Reisenden in Basel aller Orten grüßt und zu einem der großen Ausstellungsereignisse des Jahres 2021 einlädt: Goyas bekleidete Maya ist das visual keypiece der aktuellen Schau der Fondation Beyeler.
Gelassen und doch sehr präsent empfängt diese Maya ihre Besucher in einem der selbst bei grauem Winterwetter lichtdurchfluteten Säle der Schweizer Kunstinstitution. Liegend, im ikonografischen Sinne italienischer Venusdarstellungen der Renaissance, hat diese Frau jedoch so gar nichts überirdisch-mythologisches mehr an sich...
Gedanken zur Ausstellung „Nennt mich Rembrandt“
Im Städel Museum Frankfurt
Nur wenige Künstler wurden in den vergangenen Jahren so häufig mit monografischen Ausstellungen geehrt wie Rembrandt. Einer Perlenschnur gleich reihen sich die Schauen der verschiedenen Institutionen aneinander: 2015 veranstaltete das Rijksmuseum in Amsterdam die atemberaubende Ausstellung zu den späten Schaffensjahren des Niederländers. Zum 350. Todestag gab es eine Innenschau des Künstlers namens „Inside Rembrandt“ in Köln.
2020 schließlich widmete man in Potsdam und Basel seinem Verhältnis zum Orient eine umfangreiche und ...
Bayerns Meisterwerke. Eine Gesprächsreihe auf Bayern 2.
Rogier van der Weydens „Columba Altar“ in der Alten Pinakothek München
Mit äußerster Behutsamkeit umfasst der auf die Knie gesunkene König die kleine Gestalt. Zart berührt der Fürst die Kinderhand, um sie an seinen Mund zum ehrfürchtigen Kuss zu führen. Vorsichtig hält er die Beinchen des Jesusknaben, der auf dem Schoß seiner Mutter den hochstehenden Besuchern präsentiert wird. Die weltliche Macht sinkt vor der göttlichen, nun menschgewordenen, zu Boden...
Gedanken zur Vermeer-Ausstellung „Vom Innehalten“
In der Gemäldegalerie Alte Meister Dresden
Vom Innehalten erzählt die Schau in der Dresdner Gemäldegalerie, wo diesen Herbst so viele Vermeer Werke wie lange nicht mehr an einem Ort versammelt sind. Anlass für dieses einzigartige Aufeinandertreffen war die Restaurierung eines der berühmtesten Bilder des Delfter Malers. Eine Erkenntnis, zu der man bereits vor über 40 Jahren gelangt war, wurde mit feinsten Messerchen erneut sichtbar gemacht. Die Briefleserin am offenen Fenster steht nun nicht mehr vor einer schlicht gekalkten Wand in gebrochenem Weiß. Direkt über ihrem Haupt triumphiert ...
Bayerns Meisterwerke. Eine Gesprächsreihe auf Bayern 2.
Benjamin Vautiers „Der Hauslehrer“ im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg
Wohl fühlt er sich nicht, der schüchterne Gast, auf seinem Besucherstuhl. Scheu hat er den Blick auf den Boden gerichtet und harrt des Urteils der Dame des Hauses. Offensichtlich stellt sich der junge Mann gerade als Lehrer und Erzieher für deren Kinder vor. Von spitzweghafter Manier sind seine dünne Statur sowie das schüttere Haar und die Brille auf der schmalen Nase.
Vor ihm steht sein zukünftiger Schüler. In kindlicher Überlegenheit hat dieser die eine Hand lässig in die Hosentasche gesteckt, der kleine Daumen der anderen Hand ist in den Gürtel eingehakt...
Gedanken zur einer spätherbstlichen Reise nach Hamburg
Kunsthalle Hamburg, Sammlung Falckenberg
„Nun sind die Tage grau wie nie zuvor.
Und der November trägt den Trauerflor.“
Erich Kästner beschrieb mit wenigen Worte so überaus treffend einen Monat, den wohl niemand zu seinen Lieblingen zählt. Auf der langen Fahrt von Nürnberg nach Hamburg handelt meine Zuglektüre jedoch nicht von des Dichters tristen Herbstgedanken, sondern seinen häufig nicht weniger traurigen Liebschaften. ...
Bayerns Meisterwerke. Eine Gesprächsreihe auf Bayern 2.
Marianne von Werefkins „Wäscherinnen“ im Lenbachhaus München
„Marianne spielt mit den Farben Rußlands malen:
Grün, Hellgrün, Rosa, Weiß,
Und namentlich der Kobaltblau
Sind ihre treuen Spielgefährten.“
Mit diesen Zeilen beginnt Else Lasker-Schüler ihr Gedicht über die Malerfreundin Marianne von Werefkin. In kongenialer Weise beschreibt die Poetin die der Malerin so eigene und einzigartige Farbbehandlung. Selbst im expressiven Kreis der Münchner Künstlerkollegen nahm Werefkin damit eine Sonderrolle ein...
Bayerns Meisterwerke. Eine Gesprächsreihe auf Bayern 2.
Albrecht Dürers „Porträt des Anton Fugger“ im Schaezler Palais Augsburg
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Diesem Grundsatz folgend, führte mich eine kleine Tagesreise nicht ins europäische Ausland, sondern in die schöne Reichsstadt Augsburg. Mein Ziel ist das prächtige Schaezlerpalais. Ab 1764 im Auftrag des Freiherrn Benedikt Adam von Liebert errichtet, beherbergt dieser Palast ein einzigartiges Kleinod. Der im ersten Stockwerk liegende, atemberaubend elegante Rokokofestsaal wurde zu Ehren der Kaisertochter Maria Antonia geschaffen, ...
Gedanken zu einer sommerlichen Kurzreise nach Berlin
co-berlin, Gemäldegalerie, Museum Berggruen, Museum Barberini
„Guten Morgen Berlin, Du kannst so hässlich sein“, sang der Musiker Peter Fox 2014. Natürlich kann Berlin das. Für drei Tage begeben wir uns jedoch auf die Suche nach den schönen Seiten der Hauptstadt und bemerken gleich zu Beginn, dass auch der Sommer des Jahres 2021 Corona bedingt immer noch anders als gewohnt ist. Wo in früheren Zeiten sich ein bisweilen undurchdringliches Gedränge aus Touristen, Reisegruppen und Anwohnern seinen Weg bahnte, ...
Gedanken zur Grablegung Christi
Galleria Borghese Rom
Die Geste im Zentrum des Gemäldes könnte zärtlicher nicht sein. Sanft hält die schöne junge Frau mit ihrer Linken die leblose Hand des Verstorbenen. Ihre Rechte umfängt behutsam das Haupt des getöteten Gottessohnes als müsse sie den Tod auch erfühlen, um ihn wirklich begreifen zu können. Maria Magdalenas Gesichtsausdruck zeugt von großer Trauer. Sie ist die einzige Frau in dieser Männergruppe. Ihre Gefährtinnen haben sich um die Muttergottes in der rechten Bildhälfte versammelt. Vom Schmerz überwältigt ist Maria zu Boden gesunken. ...
Gedanken zu Selbstporträts berühmter Künstlerinnen
Sofonisba Anguissola, Elisabeth Vigée-Lebrun
Die bewusst gelenkte Außenwahrnehmung des eigenen Ichs mit Hilfe von selbst erstellten Bildern ist kein genuines Phänomen unserer Zeit. Lediglich sein massenhaftes Auftreten, das durch die explosionsartige Verbreitung in den sozialen Medien scheinbar keine Grenzen mehr kennt, ist spezifisch zeitgenössisch. Bereits in der Übergangszeit des Spätmittelalters zur Renaissance entstanden die ersten autonomen Selbstbildnisse ...
Gedanken zu einem Ausflug nach Vierzehnheiligen
Balthasar Neumann, J.M. Feichtmayr, Gnadenaltar, Rokoko
So wunderbar es auch wäre, aber natürlich verschwindet ein Virus nicht nur deshalb, weil am Ende der Jahreszahl nun keine 0 mehr steht, sondern eine 1. Und so bleiben auch im Januar 2021 die Orte rar, an denen man der Kunst noch begegnen darf. Wenige sind es zwar, dafür haben wir uns aber einen besonders prachtvollen ausgesucht. An einem Wintertag wie aus dem Bilderbuch fahren wir nach Oberfranken und besuchen Vierzehnheiligen.
Malerisch verschneit liegt das Kloster auf der Anhöhe. ...
Weihnachtliche Gedanken zu Albrecht Dürers Anbetung der Könige
Uffizien Florenz
1504 malt Albrecht Dürer im Auftrag Friedrichs des Weisen seine Anbetung der Könige, die sich heute in den Uffizien in Florenz befindet. Das Gemälde ist ein Geniestreich der besonderen Art. Es ist ein dramaturgischer Kunstgriff.
Seit dem frühen Mittelalter wählten Künstler in großer Anzahl und Vielfalt diese Geschichte zum Bildmotiv. Auch im nächsten Umkreis Dürers setzten sich Maler mit dem Besuch der drei weisen Männer aus dem Morgenland auseinander, wie er im Matthäusevangelium beschrieben wird:
Gedanken zu einem Spaziergang durch das Städel Museum in Frankfurt
Overbeck, Tischbein, Liebermann, Baldung Grien, Kirchner, Cranach, Pater, Vermeer, Warhol, Demand
Am letzten Wochenende vor dem Lockdown light, einem Wort, das uns vor einem Jahr noch so fremd erschienen wäre wie die vielen von Masken verdeckten Gesichter im Alltag, fahren wir nach Frankfurt. Einen kunstreichen Spaziergang haben wir geplant, bevor in den nächsten Wochen all jene Institutionen wieder schließen müssen, die für mich zu meinem (Berufs)Leben gehören wie die Luft zum Atmen. ...
Gedanken zu einem Besuch der Alten Pinakothek in München
von Klenze, Cornelius, Gossaert, Altdorfer, Raffael, Rubens, Dürer
„Nicht Kuchen, sondern Brot sei die Kunst für‘s Volk.“ So lautete der ambitionierte Wunsch König Ludwigs I., dem Initiator der Alten Pinakothek. Auch der jetzige Generaldirektor der bayerischen Staatsgemäldesammlung Bernhard Maaz schließt sich dieser Haltung an, wenn er die Kunst als ein Grundnahrungsmittel des Menschen bezeichnet. Einem Festtagsmahl gleicht mir ein Tag, der ausschließlich dem Besuch dieses Museums vorbehalten ist. ...
Gedanken zu Alicja Kwades Ausstellung „Kausalkonsequenz“
In der Langen Foundation
„Aber was die Schönheit ist, das weiß ich nicht“ konstatierte Albrecht Dürer nach langer künstlerischer Suche. WAS sie ist, das weiß auch ich nicht. WO bis Ende April 2021 jedoch eine äußerst kluge und zeitgemäße Version von ihr zu sehen ist, kann ich sagen. Denn dieser bin ich in der sehr besonderen Einzelausstellung „Kausalkonsequenz“ der Künstlerin Alicja Kwade in der Langen Foundation begegnet. ...
Gedanken zu einer Reise ins Veneto
Asolo, Villa Rotonda, Palladio, Villa Valmarana, Padua, Scrovegni Kapelle, Giotto, Venedig, Santa Maria Gloriosa dei Frari, Tizian, Bellini
Für gewöhnlich war es nicht Napoleons Art, anderen das Feld zu überlassen. Im Falle des kleinen Städtchens Asolo, das sich rühmt, einer der schönsten Orte Italiens zu sein, musste er dies jedoch tun. Das Andenken an zwei berühmte Frauen überstrahlt heute bei weitem das seinige.
Nur eine kleine Tafel an einem Haus, die besagt, dass der spätere Kaiser der Franzosen hier am 10. März 1797 genächtigt hat, erinnert an den kriegerischen Korsen. ...
Gedanken zu einer Reise nach Dresden
Raffael, Parmigianino, Correggio, van Eyck, Giorgione, Rubens, Vermeer, Jordaens
Im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg ist eine kleine Gouache von Adolph Menzel mit dem launigen Titel: Platz für den großen Raffael ausgestellt. In genrehaft-humoriger Weise bringt das einzigartige Zeichentalent des 19. Jahrhunderts feinsinnig den Zeitpunkt des Eintreffens der Sixtinischen Madonna im Jahre 1753 in Dresden zu Papier. Der Legende nach hatte Friedrich August III. eigenhändig seinen Thronsessel zur Seite geschoben, um dem Meisterwerk Raffaels den besten Lichteinfall zu garantieren. Bis heute befindet sich dieses Bild in Dresden. ...
Gedanken zur Ausstellung „Talent kennt kein Geschlecht“
Im Georg Schäfer Museum Schweinfurt
Großformatiger erster Blickfang der Ausstellung im Schweinfurter Georg Schäfer Museum sind zwei repräsentative höfische Bildnisse. Die bayerische Königin Therese von Bayern wurde von Julie von Egloffstein in Szene gesetzt, Franz Krüger porträtierte den Grafen von Nesselrode ...
Gedanken zur Ausstellung „Raffael in Berlin“
In der Gemäldegalerie Berlin
Über die Sixtinische Madonna von Raffael sagte Dostojewski: „Ich muss dieses Gemälde ansehen, um nicht am Menschen zu verzweifeln.“ Der russische Schriftsteller hatte eine Reproduktion des Bildes in seinem Arbeitszimmer, um es täglich betrachten zu können. In der Kunstgeschichte ist ein Kunstwerk, das mit seiner Schönheit und Wahrheit die gesamte Menschheit verteidigt, vermutlich einmalig. Sicherlich bildet diese heute in Dresden befindliche Darstellung der Muttergottes mit dem Jesuskind, flankiert von Sixtus II. und der Hl. Barbara, ...
Gedanken zu Franz Erhard Walthers „Shifting Perspectives“
Im Haus der Kunst München
Selbst der Sommer in diesem ungewöhnlichen Jahr 2020 ist anders als die beiden zuletzt Vergangenen. Kühl und zurückhaltend gibt sich das Wetter bisher. Würde man sonst den einzig warmen Junitag genutzt haben, um diesen im Freien zu verbringen, ist nach Monaten der Kunstabstinenz die Freude groß ins Haus der Kunst nach München fahren zu können. Franz Erhard Walther wird in diesem Monumentalbau, dessen großspuriger Eleganz ...